Redakteurin Melanie erklärt, was für sie Heimat bedeutet, und warum München der Ort ihrer Palmenwurzeln ist

Die Frage „Where are you from?“ war für mich auf Reisen in der Vergangenheit immer schwierig. Als waschechte Münchnerin drängte mich mein weiß-blaues Herz dazu, sofort München hinauszubrüllen, nun ist es aber so, dass ich für fünf Jahre Malediverin war - lasst das erstmal kurz sacken. Bevor ich meine Berufung in den Medien fand, war ich nämlich Hotelier in Luxusresorts in dem paradiesischen Inselstaat. Die Malediven wurden so sehr zu meiner Identität, dass ich bei der Herkunftsfrage oft ins Hadern kam und irgendwann bei meiner Antwort die Malediven als Heimat aus mir heraussprudelten. Ganz zur Verwunderung meines jeweiligen Gegenübers natürlich. Für einige Zeit machte es mir Spaß, die exotische Weltenbummlerin zu sein, doch je mehr Jahre verstrichen, desto mehr vermisste ich mein München. Der Viktualienmarkt, der süße Duft von frischem Bäckerbrot. Das Knacken einer knusprigen Breze zur Weißwurst mit süßem Hausmachersenf. Beinahe täglich wuchs die Sehnsucht nach meinem weiß-blauen Himmel der Bayern - aber ich hatte doch den gleichen strahlenden Wolkenhimmel über meinen Malediveninseln? Die Palmen und der Sand, die gehörten genauso zu mir wie die eiskalte Isar. Wo gehört man nun hin? Je mehr ich reiste, desto mehr fehlte mir die Heimat. Surfer in Bali oder Kreuzungen in Tokyo erinnerten mich auf einmal an die Wellenreiter im Englischen Garten und den wuseligen Stachus. Es war Zeit, nach Hause zu gehen. So machte ich mich mit sieben Koffern auf nach MUC Franz-Josef-Strauß und begann mein neues altes Leben. Zurückzukommen fühlte sich am Anfang wie Verlieren an. Sobald ich das Terminal verlassen hatte, wollte ich sofort umdrehen und wieder zurückfliegen - in die Sonne, an den Strand, zu meinen Palmen. Es war kalt, eisig beinahe und ich fühlte mich fremd in meiner eigenen Heimat. Kein Freundeskreis mehr, meine Lieblingsläden in der Stadt durch Neue ersetzt, Trends liefen durch die Straßen, die mir seltsam vorkamen und überall Hipster mir Bart und Holzfällerhemden. Ich hatte jahrelang meinen Münchenknopf auf Pause gestellt, der Rest hatte jedoch ohne mich weitergespielt. Meine Telefonnummer war wieder 089, aber bin ich es noch? Ich fing wieder an, meine alten Routinen aufzugreifen und ging in die Glyptothek zum Zeichnen, schaute mir Streifen alleine im Gloria Filmpalast an und streifte über das Sommer- Tollwood -festival. Es roch nach Reisen und Palmen gab es dort auch. Ich brauchte auch wieder Palmen und zwar zu Hause bei mir. Topf für Topf holte ich mir die Dschungel und Strände wieder in mein Leben nach Hause. Wenn ich schon Wurzeln schlage in München, dann mit tropischen Palmenwurzeln.

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Doch dann klopfte irgendwann München an meiner Tür und die Fremden in den Straßen und Biergärten wurden immer mehr zu Freunden. Ich unterhielt mich mit meinen Tischnachbarn, genoss es, mein rollendes Bayern „R“ in B-R-ot und B-R-eze zum Besten zu geben und gehörte auf einmal wieder dazu. München setzte mich an den Tisch und hieß mich bei Radler und Hendl wieder Willkommen. Auf einmal schlenderte ich pfeifend durch die historischen Gassen, lies mich durch den Hofgarten treiben und blühte wieder zur Münchnerin auf. Es viel mir wie Schuppen von den Augen, die Befremdlichkeit war nicht von den Anderen, sondern von mir selbst gekommen. Mein München hat nur darauf gewartet, wieder von mir entdeckt zu werden, denn es war alles noch da! Die Wirtshäuser, Hotelbars, Biergärten, Museen, Liegewiesen, Boutiquen, Clubs und Siegeshallen - alles war am rechten Fleck. Ich lies los und kam an: Neue Freunde, alte Stadt. Von Reisen heimzukommen war noch nie so schön wie jetzt. Gejetlagged von Trips in ferne Länder lege ich jetzt mein Gepäck ab, streichle über meine großen Palmenblätter und bin zu Hause angekommen. Der Münchenstolz á la Mia san Mia brodelte wieder in mir hoch und ich verliebte mich neu in jede Ecke der Stadt. Wie schön ist eigentlich der Friedensengel, die Bavaria oder die Theatinerkirche? Wie Herrlich muss es sein, als Tourist diese wunderbare Stadt mit seinen märchenhaften Schlössern und Gärten zu erkunden? Daheim in der Weltstadt mit Herz, denn in München darf jeder daheim sein, wenn auch manchmal nur als Tourist für ein paar Tage.

Reisen in Style Redakteurin Melanie bereist die Welt und teilt ihre Eindrücke von Fremden Kulturen auf ihrem Blog „Travel & Treasures“ Folge ihr auf Instagram unter @travel.and.treasures.

melanie hoefler